Jede Videoüberwachung greift in das Grundrecht der betroffenen Personen ein, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen. Darüber hinaus berührt sie auch das Grundrecht am eigenen Bild. Sie ist deshalb nur zulässig, wenn sie durch eine gesetzliche Regelung erlaubt ist und die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden.
1. Wo finde ich die rechtlichen Grundlagen für eine Videoüberwachung für nicht-öffentliche Stellen?
2. Wo finde ich die rechtlichen Grundlagen für eine Videoüberwachung für öffentliche Stellen?
3. Was muss ich vor dem Aufstellen der Kamera bedenken?
4. Darf ich neben Bild- auch Tonaufnahmen anfertigen?
5. Wie lange darf ich aufgezeichnete Bilddaten speichern?
6. Muss ich auf die Videoüberwachung hinweisen?
7. Gibt es weitere formale Voraussetzungen bei der Einrichtung einer Videoüberwachung?
8. Ist der Einsatz von Drohnen mit Kamerafunktion zulässig?
1. Wo finde ich die rechtlichen Grundlagen für eine Videoüberwachung für nicht-öffentliche Stellen?
Beschränkt sich die Videoüberwachung ausschließlich auf den persönlichen oder familiären Bereich (also zum Beispiel die eigene Wohnung) desjenigen, der die Daten verarbeitet, findet die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) keine Anwendung. Werden jedoch darüber hinausgehende Bereiche (z. B. der Bürgersteig vor der Wohnung) erfasst und/oder weitere Zwecke verfolgt (z. B. die Beweissicherung im Fall einer Straftat), unterliegt die Videoüberwachung den datenschutzrechtlichen Voraussetzungen der DS-GVO.
Als Rechtsgrundlage für eine Videoüberwachung dient in der Regel Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Allerdings dürfen gleichzeitig nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen, die den Schutz der Daten erfordern. Das gilt besonders dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Daneben ist § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu berücksichtigen, wenn es sich bei den erhobenen Bilddaten zugleich um Beschäftigtendaten handelt. Beschäftigte haben einen Anspruch darauf, bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit keiner ständigen Arbeits- und Leistungskontrolle des Arbeitgebers zu unterliegen. Nur der begründete Verdacht einer konkreten Straftat kann ein berechtigtes Interesse an der begrenzten Überwachung einzelner Beschäftigter darstellen.
2. Wo finde ich die rechtlichen Grundlagen für eine Videoüberwachung für öffentliche Stellen?
Eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume durch öffentliche Stellen in Niedersachsen ist auf Grundlage des § 14 Niedersächsisches Datenschutzgesetz (NDSG) möglich. Danach ist eine Videoüberwachung zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist. Zudem dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen.
Der Gesetzgeber nennt drei Beispiele für die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe: den Schutz von Personen, den Schutz von Sachen und die Wahrnehmung des Hausrechts.
Die Videoüberwachung zur Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten ist im Polizei- und Ordnungsrecht geregelt (§ 32 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung). Der Gesetzgeber beabsichtigt, diese Vorschrift in naher Zukunft zu ändern.
3. Was muss ich vor dem Aufstellen der Kamera bedenken?
Für den rechtmäßigen Einsatz von Videotechnik müssen Sie zunächst stets die Erforderlichkeit prüfen. Denn lässt sich der beabsichtigte Zweck auch mit einem anderen zumutbaren Mittel erreichen, das weniger in die Rechte von betroffenen Personen eingreift, ist die Videoüberwachung nicht erforderlich.
Beispiel: Um zu verhindern, dass nachts Autofahrer auf dem Parkplatz eines Supermarktes parken, kann der Betreiber statt einer nächtlichen Videoüberwachung auch eine Schranke nutzen.
Sie müssen außerdem prüfen, ob statt einer umfassenden Überwachung auch ein Einsatz an Schwerpunkten oder zu bestimmten Zeiten ausreichend ist.
Selbst wenn die Videoüberwachung erforderlich ist, kann sie trotzdem unzulässig sein. Das ist der Fall, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen. Maßstab für diese Abwägung sind die grundrechtlich geschützten Interessen der von der Videoüberwachung erfassten Personen. So ist beispielsweise eine Kameraüberwachung von Umkleideräumen unzulässig, wenn die Überwachung dazu dienen soll, Sachbeschädigungen aufzudecken.
Zudem muss der mit der Beobachtung verfolgte Zweck in einem angemessenen Verhältnis zu den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen im Einzelfall stehen. Eine Videoüberwachung ist besonders dann als ein intensiver Eingriff in die Rechte der Betroffenen zu gewichten, wenn diese sich normgerecht verhalten und damit keinen Anlass für eine Überwachung geben.
Von erheblichem Gewicht ist eine Videoüberwachung auch, wenn sie ununterbrochen einen Raum unter Kontrolle hält und damit Betroffene der Überwachung nicht ausweichen können (z. B. im Fahrstuhl oder im Eingangsbereich von Mehrfamilienhäusern). Solche Eingriffe sind nur dann gerechtfertigt, wenn mindestens gleichgewichtige Rechtsgüter geschützt werden sollen. So ist z. B. eine Kameraüberwachung der Schwimmbecken in einem Schwimmbad nicht zu beanstanden, da die Überwachung dazu dienen soll, die Gesundheit und das Leben der Badegäste zu schützen.
Vor der Installation einer Kamera müssen Sie immer umfassend prüfen, inwieweit die Überwachung in schutzwürdige Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten eingreift und welche möglichen (negativen) Folgen für Betroffene sich daraus ergeben können. Sie müssen dabei auch die vernünftigen Erwartungen des Betroffenen berücksichtigen. Das heißt, muss der betroffene Mensch damit rechnen, in einer bestimmten Situation per Video überwacht zu werden?
Da das Gesetz eine tatsächliche Interessenabwägung fordert, muss diese Abwägung anhand des konkreten Einzelfalls stattfinden. Ein Verweis auf abstrakte oder vergleichbare Interessenlagen genügt nicht. Die Rechte von Kindern sind im besonderen Maße zu berücksichtigen.
4. Darf ich neben Bild- auch Tonaufnahmen anfertigen?
Nein, sollte die Technik neben der Video- auch eine Audiofunktion zulassen, muss diese stets deaktiviert werden. Die Rechtsgrundlagen für die Videoüberwachung umfassen keine Tonaufnahmen, sofern der Gesetzeswortlaut dies nicht ausdrücklich zulässt (so z. B. im Fall des § 32 Absatz 1 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung). Das unbefugte Abhören des vertraulich gesprochenen Wortes ist strafbar (§ 201 StGB).
5. Wie lange darf ich aufgezeichnete Bilddaten speichern?
Eine konkrete Regelung zur Speicherdauer von Videoaufzeichnungen enthält die DS-GVO nicht. Auch landesrechtliche Regelungen fehlen bisher. Es gelten daher die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätze.
Danach müssen Sie durch Videoüberwachung aufgezeichnete und gespeicherte Daten unverzüglich löschen,
- wenn sie nicht mehr notwendig sind, um die damit verfolgten Zwecke zu erreichen oder
- wenn schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
So sind beispielsweise Videoaufnahmen sofort zu löschen, wenn nur Personen erkennbar sind, die sich nichts haben zu Schulden kommen lassen.
Ob das Bildmaterial z. B. zur Beweissicherung länger gespeichert werden muss, dürfte in der Regel grundsätzlich innerhalb von ein bis zwei Tagen geklärt werden können. Unter Berücksichtigung der Grundsätze „Datenminimierung“ und „Speicherbegrenzung“ sollten die Daten daher grundsätzlich nach 48 Stunden gelöscht werden. In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine längere Speicherdauer möglich.
Am wirksamsten können Sie das durch eine automatisierte periodische Löschung, z. B. durch Selbstüberschreiben zurückliegender Aufnahmen, sicherstellen.
6. Muss ich auf die Videoüberwachung hinweisen?
Ja, bei einer zulässigen Videoüberwachung müssen Sie Hinweisschilder anbringen. Diese müssen sowohl auf die Tatsache der Videoüberwachung als auch auf die dafür verantwortliche Stelle, den verfolgten Zweck, die Speicherdauer und die Betroffenenrechte deutlich hinweisen.
Informationen und Muster dazu finden Sie unter:
https://lfd.niedersachsen.de/startseite/dsgvo/transparenzanforderungen-und-hinweisbeschilderung-bei-einer-videoueberwachung-nach-der-ds-gvo-158959.html
7. Gibt es weitere formale Voraussetzungen bei der Einrichtung einer Videoüberwachung?
Eventuell müssen Sie eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) durchführen. Das ist dann der Fall,
- wenn die Form der Verabeitung aufgrund der Art und des Umfangs voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat oder
- wenn öffentlich zugängliche Bereiche systematisch umfangreich überwacht werden.
Für den Betrieb einer sog. „Klingelkamera“, die üblicherweise nur kurz bei Auslösen der Türklingel aktiviert wird, ist eine DSFA nicht erforderlich.
Für Kameras, für die bereits nach altem Recht eine sogenannte „Vorabkontrolle“ erstellt wurde, ist nur eine DSFA nach neuem Recht durchzuführen, sofern wesentliche Änderungen vorgenommen wurden. Vorhandene Vorabkontrollen sind damit weiterhin gültig. Sie sind jedoch nach einem angemessenen Zeitraum zu überprüfen.
Von nicht-öffentlichen Stellen ist in den Fällen, in denen eine DSFA durchzuführen ist, eine Datenschutzbeauftragte oder ein Datenschutzbeauftragter zu benennen.
Informationen dazu finden Sie in den Kurzpapieren 5 und 12 unter
https://lfd.niedersachsen.de/startseite/dsgvo/anwendung_dsgvo_kurzpapiere/ds-gvo---kurzpapiere-155196.html
Zudem müssen Sie die Videoüberwachung in das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten aufnehmen. Dabei können Sie mehrere Kameras unter einer Verarbeitungstätigkeit erfassen, sofern der gleiche Verarbeitungszweck verfolgt wird.
Informationen und ein Muster dazu finden Sie hier.
Wird die Durchführung der Videoüberwachung auf Dritte übertragen, müssen Sie einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung gem. Art. 28 DS-GVO schließen.
Informationen dazu finden Sie hier.
8. Ist der Einsatz von Drohnen mit Kamerafunktion zulässig?
Werden mit diesen Kameras personenbezogene Daten erhoben – sind z. B. Nachbarn, Passanten oder Kfz-Kennzeichen erkennbar – und werden diese Daten nicht ausschließlich im Rahmen persönlicher oder familiärer Tätigkeiten verarbeitet, müssen Sie die Vorgaben der DS-GVO beachten. Danach dürfen Aufnahmen nur gemacht werden, wenn es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Für nicht-öffentliche Stellen kommt allein die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO in Frage. Danach muss die Datenverarbeitung erforderlich sein, um berechtigte Interessen des Aufnehmenden zu wahren. Zudem dürfen schutzwürdige Interessen oder Grundrechte der Betroffenen nicht überwiegen. Diese Voraussetzungen werden bei einem Einsatz von Kameradrohnen durch Privatpersonen regelmäßig nicht erfüllt sein, besonders dann, wenn die Aufnahmen veröffentlicht werden sollen.
Eine denkbare (aber in der Praxis schwierig umsetzbare) Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot besteht nur dann, wenn alle von der Kamera erfassten Personen zuvor eingewilligt haben.
Drohnen mit Kamerafunktion dürfen jedoch betrieben werden, wenn sichergestellt ist, dass nur Geländeaufnahmen entstehen oder Übersichtsaufnahmen, auf denen keine Personen bzw. personenbeziehbare Gegenstände (z. B. Autokennzeichen) erkennbar sind.
Für öffentliche Stellen kann der Einsatz von Kameradrohnen zulässig sein, wenn eine Rechtsgrundlage dies ausdrücklich erlaubt. So setzt z. B. die Straßenbaubehörde Kameradrohnen ein, um den baulichen Zustand der Straßen regelmäßig zu überprüfen. Da die Behörde für verkehrssichere Straßen zu sorgen hat, diese Aufgabe im öffentlichen Interesse liegt und die schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung betroffenen Personen nicht überwiegen, ist der Einsatz der Kameradrohne in diesem Einzelfall nach § 14 Abs. 1 NDSG zulässig.