Anfertigung und Veröffentlichung von Personenfotografien nach DS-GVO
In den vergangenen Monaten haben uns zahlreiche Anfragen von verunsicherten Vereinsvorständen, Berufs- und Hobbyfotografen, Bloggern und Webseitenbetreibern zur Veröffentlichung von Personenfotografien vor dem Hintergrund der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) erreicht. Getragen waren sie überwiegend von der Sorge, nun ohne schriftliche Einwilligung der Abgebildeten keine Fotos mehr veröffentlichen zu dürfen, weil sonst ein hohes Bußgeld drohen könnte. Diesen Ängsten und Sorgen möchten wir entgegentreten.
Richtig ist: Das Kunsturhebergesetz (KUG), das in der Vergangenheit auf die Veröffentlichung von Personenfotografien angewandt wurde, kann nach Ansicht der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen seit der Geltung der DS-GVO (also seit dem 25. Mai 2018) nicht mehr bei jeder Veröffentlichung von Personenfotografien (Bildnissen) herangezogen werden. Ein Rückgriff auf das KUG ist zukünftig nur noch zu journalistischen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder literarischen Zwecken möglich. Dennoch ändert sich für diejenigen, die Personenfotografien zu anderen Zwecken verarbeiten möchten, gar nicht so viel.
Jede Erstellung und Veröffentlichung braucht eine Rechtsgrundlage
Das KUG hat den Grundsatz, dass für die Veröffentlichung[1] von Personenfotografien eine Einwilligung der abgebildeten Person(en) erforderlich ist. Auf eine Einwilligung kann nur in den in § 23 KUG geregelten Ausnahmefällen verzichtet werden. Seit dem 25. Mai 2018 muss jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die nicht unter den Anwendungsbereich des KUG fällt, auf eine Rechtsgrundlage aus Art. 6 Abs. 1 DS-GVO gestützt werden. Hier kommen u.a. in Betracht:
- eine Einwilligungserklärung (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe. a DS-GVO),
- ein Vertrag (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b DSG-VO) oder
- eine Interessenabwägung (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO).
Interessenabwägung
Gibt es keinen Vertrag mit den abgebildeten Personen, kann vor dem Einholen einer Einwilligungserklärung gem. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO zunächst geprüft werden, ob die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten (z. B. des Fotografen oder Veranstalters) erforderlich ist. Zugleich dürfen nicht die Interessen oder Grundrechte und -freiheiten des Abgebildeten, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Bei dieser Abwägung sind besonders die "vernünftigen Erwartungen" der betroffenen Personen zu berücksichtigen (Erwägungsgrund 47 DS-GVO). Können die betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten (also hier bei Anfertigung der Fotografie) und angesichts deren Umständen vernünftigerweise absehen, dass eine Verarbeitung zu bestimmten Zwecken erfolgen wird, z.B. zur Berichterstattung über eine Veranstaltung in einem Vereinsblatt, dürften den berechtigten Interessen des Verantwortlichen in der Regel der Vorrang einzuräumen sein.
Kinder sind besonders schutzbedürftig
Wenn Aufnahmen allerdings heimlich oder verdeckt gemacht werden oder das Foto die Privat- oder Intimsphäre des Betroffenen erfasst, wird ein Vorrang der Interessen des Verantwortlichen nicht anzunehmen sein. Gleiches gilt, wenn das Foto jemanden in einer Situation darstellt, die diskreditierend sein kann oder die Gefahr einer Diskriminierung birgt.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f a. E. DS-GVO ist zudem insbesondere dann von einer überwiegenden Schutzbedürftigkeit der Betroffeneninteressen auszugehen, wenn Aufnahmen von Kindern gemacht werden. Auch bei einer Veröffentlichung im Internet ist in der Regel von einem Überwiegen der Betroffeneninteressen auszugehen, da eine Veröffentlichung im Internet sich erfahrungsgemäß nicht vollständig rückgängig machen lässt. Fälle, in denen die Interessen des Betroffenen überwiegen, sind auch Fotos von Situationen, die Rückschlüsse auf besondere Kategorien von Daten gemäß Art. 9 Abs. 1 DS-GVO ermöglichen, u. a. auf Religion, Gesundheit, Sexualleben oder sexuelle Orientierung.
Im Zweifelsfall eine Einwilligung einholen
Bei der Veröffentlichung von Personenfotografien können auch im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO die Ausnahmeregelungen nach § 23 KUG berücksichtigt werden (z. B. Bilder der Zeitgeschichte, Personen nur als "Beiwerk", Bilder von Versammlungen etc.). Generell lässt sich sagen: Die Umstände, die im Rahmen der Anwendung des KUG dazu führen würden, das eine Veröffentlichung von Fotos ohne Einwilligung möglich wäre, führen in der Regel auch im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO zu dem Ergebnis, dass eine Veröffentlichung zulässig ist und damit keiner gesonderten Einwilligung bedarf.
Beispiel: Die Veröffentlichung eines Fotos, welches unter den Begriff der Zeitgeschichte (im Sinne des KUG) fällt, kann im Bereich der Presse wie bisher auf § 23 Abs. 1 Ziff. 1 KUG gestützt werden, soweit dem keine besonderen schützenswerten Interessen des Betroffenen gem. § 23 Abs. 2 KUG entgegenstehen. Für andere Stellen, wie z.B. einen Verein, wäre bei gleichem Sachverhalt in der Regel eine Veröffentlichung gem. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO möglich. In Zweifelsfällen ist es jedoch ratsam, auf eine Einwilligung zurückzugreifen.
Was vorher rechtswidrig war, bleibt es auch jetzt
Nicht unerwähnt lassen möchten wir, dass es nach unserer Wahrnehmung in der Vergangenheit zu Veröffentlichungen ohne das Einholen von Einwilligungen gekommen ist, die nicht von den Ausnahmen des § 23 KUG gedeckt waren und damit einer Einwilligung bedurft hätten. Solche Veröffentlichungen bleiben selbstverständlich auch bei Anwendung der DS-GVO ohne Einwilligung (oder sonstige Rechtsgrundlage, wie z.B. ein Vertrag) rechtswidrig. Jeder Verantwortliche ist somit gut beraten, kritisch zu hinterfragen, inwieweit sein Vorgehen in Bezug auf die Veröffentlichung von Personenfotografien in der Vergangenheit mit dem KUG konform war. Wofür es in der Vergangenheit einer Einwilligung bedurft hätte, bedarf es auch unter der DS-GVO einer solchen.
[1] Das KUG galt nur für die Veröffentlichung von Bildnissen. Für die Anfertigung galt in der Vergangenheit das BDSG.