Artikel-Informationen
erstellt am:
22.05.2019
zuletzt aktualisiert am:
27.06.2019
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (LfD), Barbara Thiel, zieht nach einem Jahr Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) eine überwiegend positive Bilanz: „Dank der DS-GVO ist Datenschutz kein Randthema mehr, das ausschließlich von Experten behandelt wird. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ins Zentrum gesellschaftlicher Debatten gerückt und erhält damit den Raum, der ihm zusteht.“ Die Bürgerinnen und Bürger seien sich ihrer Rechte nun bewusster und nähmen diese auch wahr, zum Beispiel den Anspruch auf Auskunft, Berichtigung oder Löschung. Diese gesteigerte Sensibilität sei mitverantwortlich dafür, dass nun mehr Datenschutzbeschwerden bei der LfD eingingen. Seit dem Geltungsbeginn der DS-GVO bis zum 30. April 2019 waren es mehr als 1700.
Die DS-GVO war am 25. Mai 2018 geltendes Recht in der Europäischen Union geworden und hatte teils heftige Kritik ausgelöst. „Die panikartigen Reaktionen haben sich als vollkommen überzogen erwiesen“, sagt Thiel. „Weder wurden Unternehmen mit Millionenstrafen in den Ruin getrieben, noch ist die oft herbeigeredete Abmahnwelle eingetreten.“ Gleichwohl, so die Landesbeauftragte, hat die Verordnung zusätzliche Belastungen mit sich gebracht – sowohl für die datenverarbeitenden Stellen als auch für die Aufsichtsbehörden. Der größte Aufwandstreiber für die LfD war in den ersten Monaten der DS-GVO der enorm gestiegene Beratungsbedarf. Allein im Jahr 2018 führte Thiels Behörde rund 8300 Beratungen durch, die besonders von kleinen Unternehmen, Vereinen und Arztpraxen nachgefragt wurden.
Prozentual am stärksten stiegen die gemeldeten Datenschutzpannen. Zwischen dem 25. Mai 2018 und dem 30. April 2019 gingen rund 560 Meldungen ein. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2017 waren es nur 20. Die Ursachen dafür sieht die Landesbeauftragte in den durch die DS-GVO deutlich verschärften Meldepflichten und einer damit einhergehenden Unsicherheit in der Wirtschaft.
Thiel findet zum Jahrestag auch nachdenkliche Töne: „Natürlich müssen wir bei einem so großen Gesetzeswerk auch genau hinsehen, was sich in der Praxis bewährt und was nicht. So stelle ich mir etwa die Frage, welche der vielen Anforderungen, die an die Einwilligung gestellt werden, möglicherweise verzichtbar sind. Auch die Informationspflichten könnte man mit Blick auf die unterschiedlichen Verarbeitungssituationen – z. B. Telefonat, Veranstaltung, Visitenkarte – überdenken.“ Im Mai 2020 wird es den ersten Evaluationsbericht der EU-Kommission zur DS-GVO geben, zu dem auch die deutschen Aufsichtsbehörden beitragen werden.
Die kritische Auseinandersetzung mit der DS-GVO dürfe aber laut Thiel nicht zu einer grundsätzlichen Aufweichung des hohen Datenschutzniveaus in Deutschland und Europa führen. „Ich sehe zum Beispiel die von Niedersachsen angestoßene Bundesratsinitiative zur Lockerung der Bestellpflicht von Datenschutzbeauftragten mit großer Sorge. Diese Beauftragten in Unternehmen und Vereinen sorgen für eine kompetente datenschutzrechtliche Beratung der Verantwortlichen und helfen damit, Verstöße von vorne herein zu vermeiden. Schafft man sie ab, steigt das Risiko von Datenschutzverletzungen und damit von Bußgeldern.“
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22.05.2019
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27.06.2019