EuGH stützt Sanktionspraxis der deutschen Datenschutzbehörden gegenüber Unternehmen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Grundsatz-Urteil zu Unternehmensgeldbußen vom 5. Dezember 2023 (C-807/21) die Sichtweise der deutschen Datenschutzkonferenz (DSK) und die Sanktionspraxis der Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder bestätigt. Der EuGH urteilte, dass eine Bußgeldverhängung gegen eine juristische Person als Verantwortliche unmittelbar erfolgen könne und es nicht der vorherigen Feststellung eines von einer identifizierten natürlichen Person begangenen Verstoßes bedürfe.
Bei einer juristischen Person als Verantwortlichem werde keine Handlung und nicht einmal eine Kenntnis seitens des Leitungsorgans dieser juristischen Person vorausgesetzt, um ein Bußgeld zu begründen. Damit hat sich der EuGH deutlich für einen Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor § 30 des deutschen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ausgesprochen, der für die Zurechnung einer Geldbuße zum Unternehmen einen vorwerfbaren Verstoß einer natürlichen (Leitungs-)Person voraussetzt.
Bußgeld setzt vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Verstoß voraus
Außerdem entschied der EuGH, dass für die Bebußung eines Unternehmens nicht bereits ein ihm zuzuordnender objektiver Pflichtenverstoß ausreiche („strict liability“), sondern dass die Verhängung eines Bußgeldes nach Art. 83 DSGVO einen vorsätzlich oder fahrlässig begangenen Verstoß voraussetze. Der EuGH stellte aber in dem Zusammenhang zusätzlich klar, dass auch dann eine Sanktionierung erfolgen könne, wenn sich ein Verantwortlicher über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nicht im Unklaren sein konnte. Die Verhängung eines Bußgelds setze somit nicht voraus, dass dem Verantwortlichen der Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO bewusst gewesen sei.
Dazu Denis Lehmkemper, Landesbeauftragter für den Datenschutz in Niedersachsen: „Ich begrüße diese Grundsatz-Entscheidung des EuGH. Sie schafft Klarheit und stärkt die Durchsetzung von Bußgeldern gegenüber Unternehmen in Deutschland und trägt so maßgeblich zu einer einheitlichen Sanktionspraxis im Europäischen Wirtschaftsraum bei.“
EuGH
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erstellt am:
07.12.2023