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Verwendung personenbezogener Daten im Rahmen politischer Kampagnen



Erklärung Nr. 2/2019 zur Verwendung personenbezogener Daten im Rahmen politischer Kampagnen

Angenommen am 13. März 2019


Der Europäische Datenschutzausschuss hat folgende Erklärung abgegeben:


Die Kommunikation mit den Wählern ist fester Bestandteil des demokratischen Prozesses. Sie ermöglicht es, politische Programme vorzubereiten, die Bürger in die Lage zu versetzen, Einfluss auf die Politik zu nehmen, und die Entwicklung von Kampagnen entsprechend den Erwartungen der Bürger.

Politische Parteien, politische Koalitionen und Kandidaten stützen sich zunehmend auf personenbezogene Daten und ausgefeilte Profiling-Verfahren, um Wähler und Meinungsführer zu überwachen und zu adressieren. In der Praxis erhalten Menschen hochgradig personalisierte Nachrichten und Informationen, insbesondere über Plattformen der sozialen Medien, auf der Grundlage ihrer persönlichen Interessen, Lebensgewohnheiten und -werte.

Zur Klassifizierung oder Darstellung der Persönlichkeitsmerkmale, der Merkmale, der Stimmung und andere Ansatzpunkte werden Instrumente zur Vorhersage eingesetzt, die Rückschlüsse auf tiefe Persönlichkeitsmerkmale, einschließlich politischer Ansichten und anderer besonderer Kategorien von Daten, zulassen. Die Ausweitung solcher Datenverarbeitungstechniken auf politische Zwecke ist mit erheblichen Risiken nicht nur für das Recht auf Privatsphäre und den Datenschutz, sondern auch für das Vertrauen in die Integrität des demokratischen Prozesses verbunden. Die Enthüllungen von Cambridge Analytica zeigen, wie sich eine mögliche Verletzung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten auf andere Grundrechte auswirken könnte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung,die Meinungsfreiheit und Meinungsbildung.

Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) stellt fest, dass neben politischen Parteien und Kandidaten mehrere andere Akteure in die Verarbeitung personenbezogener Daten für politische Zwecke einbezogen werden können: Social-Media-Plattformen, Interessengruppen, Datenmakler, Analyseunternehmen, Ad-Netzwerke. Diese Akteure können bei der Wahl eine wichtige Rolle spielen, und ihre Einhaltung unterliegt der Aufsicht durch unabhängige Datenschutzbehörden.

Angesichts der für 2019 angesetzten Wahlen zum Europäischen Parlament und anderer Wahlen in der EU möchte der EDSA eine Reihe von zentralen Punkten hervorheben, die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die politischen Parteien im Verlauf der Wahlen beachtet werden müssen:

  1. Personenbezogene Daten, aus denen politische Meinungen hervorgehen, stellen eine besondere Kategorie von Daten nach der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) dar. Grundsätzlich ist die Verarbeitung solcher Daten verboten und unterliegt einer Reihe eng auszulegender Voraussetzungen, wie der ausdrücklichen, spezifischen, umfassend informierten und freiwillig erteilten Einwilligung der betroffenen Personen.

  2. Personenbezogene Daten, die öffentlich gemacht oder von einzelnen Wählern geteilt wurden, auch wenn sie keine Daten darstellen, die politische Meinungen erkennen lassen, unterliegen nach wie vor dem EU-Datenschutzrecht. Beispielsweise kann die Verwendung personenbezogener Daten, die über soziale Medien erhoben werden, nicht durchgeführt werden, ohne dass die Verpflichtungen in Bezug auf Transparenz, Zweckbindung und Rechtmäßigkeit erfüllt werden.

  3. Selbst wenn die Verarbeitung rechtmäßig ist, müssen Organisationen ihre anderen Pflichten nach der Datenschutz-Grundverordnung einhalten, einschließlich der Transparenz- und Informationspflichten. Die politischen Parteien und die Kandidaten müssen in der Lage sein, nachzuweisen, wie sie den Grundsätzen des Datenschutzes, insbesondere den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, Fairness und Transparenz, Rechnung tragen.

  4. Ausschließlich automatisierte Entscheidungen einschließlich des Profilings, bei denen die Entscheidung die betroffene Person rechtlich oder in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt, sind beschränkt. Die Erstellung von Profilen im Zusammenhang mit gezielten Botschaften einer Kampagne kann unter Umständen „ähnlich erhebliche Auswirkungen“ hervorrufen und ist grundsätzlich nur mit der gültigen, ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Person rechtmäßig.

  5. Bei gezielter Ansprache sollten die Wähler angemessene Informationen erhalten, in denen erläutert wird, warum sie eine bestimmte Botschaft erhalten, wer dafür verantwortlich ist und wie sie ihre Rechte als betroffene Personen wahrnehmen können. Darüber hinaus stellt der Ausschuss fest, dass nach dem Recht einiger Mitgliedstaaten Transparenz hinsichtlich der Zahlungen für politische Werbung besteht.

Der EDSA verweist politische Parteien und andere Interessenträger auf die praktischen Leitlinien und Empfehlungen mehrerer Datenschutzbehörden in Bezug auf die Nutzung von Daten während der Wahlen. Er begrüßt ferner die von der Europäischen Kommission im September 2018 vorgelegten Maßnahmen und die Schlussfolgerungen des Rates und der Mitgliedstaaten zur Sicherstellung freier und fairer Wahlen zum Europäischen Parlament.

Die Mitglieder des EDSA arbeiten auch mit anderen zuständigen Behörden zusammen‚ um eine einheitliche Auslegung und Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften, einschließlich der DS-GVO, sicherzustellen, um das Vertrauen in die Sicherheit und Integrität der Wahlen zum Europäischen Parlament und zu anderen Wahlen in der EU, die für 2019 und darüber hinaus geplant sind, zu schützen.

Die Einhaltung der Datenschutzvorschriften, auch im Zusammenhang mit Wahlaktivitäten und politischen Kampagnen, ist für den Schutz der Demokratie unerlässlich. Sie ist auch ein Mittel, um das Vertrauen der Bürger und die Integrität der Wahlen zu wahren. Im Vorfeld der bevorstehenden Wahltermine sind die Datenschutzbehörden verpflichtet, die Anwendung der Datenschutzgrundsätze im Rahmen von Wahlen und politischen Kampagnen, wie Transparenz, Zweckbindung, Verhältnismäßigkeit und Sicherheit sowie die Ausübung von Datenschutzrechten, zu überwachen und gegebenenfalls durchzusetzen. Die Datenschutzbehörden werden gemäß der DS-GVO von ihren Befugnissen Gebrauch machen und die Zusammenarbeit und die Kohärenz ihrer Maßnahmen im Rahmen des EDSA sicherstellen.

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