Masernschutzimpfung bei Aufnahme in eine Kindertagesstätte oder in die Grundschule
Nachweis einer Masernschutzimpfung bei Aufnahme in eine Kindertagesstätte oder in die Grundschule – Wer darf welche Daten verarbeiten?
Bei der Aufnahme in eine Kindertagesstätte, vor Betreuung durch eine Tagesmutter mit Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) oder bei Aufnahme in die Grundschule werden viele Daten über ein Kind erhoben. Sobald auch Gesundheitsdaten erhoben werden sollen, stellen sich viele Personensorgeberechtigte (Eltern) die Frage, ob die jeweils verantwortliche Stelle diese Daten überhaupt erheben darf und was mit diesen Daten passiert.
An dieser Stelle wollen wir Ihnen einen kurzen Überblick über die rechtlich zulässigen Datenverarbeitungen in Bezug auf die Masernschutzimpfung geben.
Mit dem am 01.03.2020 in Kraft getretenen Gesetz für den Schutz vor Masern (Masernschutzgesetz) vom 10.02.2020 wurden Regelungen zum Nachweis einer bestehenden Schutzimpfung gegen Masern oder einer bestehenden Kontraindikation in das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) aufgenommen. Die für eine Datenverarbeitung erforderlichen Rechtsgrundlagen ergeben sich daher aus dem IfSG.
Nach § 20 Abs. 8 Satz 1 IfSG müssen alle Kinder, die in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 IfSG betreut werden sollen einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder ab der Vollendung des ersten Lebensjahres eine Immunität gegen Masern aufweisen. Eine Ausnahme gilt gem. § 20 Abs. 8 Satz 4 IfSG nur für die Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.
Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des § 33 IfSG sind insbesondere Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, die nach § 43 Abs. 1 SGB VIII erlaubnispflichtige Kindertagespflege, Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen, Heime und Ferienlager.
Zu beachten ist, dass jede der in § 33 IfSG genannten Einrichtungen eine eigenständig verantwortliche Stelle ist und daher jede Einrichtung verpflichtet ist, die Prüfung nach § 20 Abs. 9 IfSG vorzunehmen. Diese Prüfpflicht ist gem. § 73 Abs. 1 a Nr. 7a IfSG bußgeldbewährt. Dies hat zur Folge, dass die Nachweise grundsätzlich bei jeder Einrichtung vorzulegen sind, es sei denn, eine vorher besuchte Einrichtung oder eine staatliche Stelle bestätigt gegenüber der neuen Einrichtung, dass ein entsprechender Nachweis bereits vorgelegt wurde (§ 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 IfSG).
Vor der Aufnahme des Kindes in eine der oben genannten Einrichtungen müssen die Eltern gem. § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG der Einrichtungsleitung einen der folgenden Nachweise vorlegen:
· Eine Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 und 2 IfSG (Impfausweis),
· Ein ärztliches Zeugnis über das Bestehen eines ausreichenden Impfschutzes gegen Masern,
· Ein ärztliches Zeugnis über das Vorliegen einer Immunität gegen Masern oder
· Ein ärztliches Zeugnis, dass das Kind aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann.
Kinder, für die ein entsprechender Nachweis nicht vorgelegt wird, dürfen gem. § 20 Abs. 9 Satz 7 nicht in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nummer 1 bis 3 IfSG betreut werden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder eine von ihr bestimmte Stelle kann auch bestimmen, dass der Nachweis nicht der Leitung der jeweiligen Einrichtung, sondern gegenüber dem Gesundheitsamt oder einer anderen staatlichen Stelle zu erbringen ist (§ 20 Abs. 9 Satz 3 Nr. 1 IfSG).
Der Gesetzestext besagt ausdrücklich, dass die entsprechende Bescheinigung oder das ärztliche Gutachten lediglich vorzulegen ist. Das bedeutet, es ist nicht erforderlich und somit auch nicht zulässig, dass sich die verantwortliche Stelle eine Kopie davon anfertigt. Die verantwortliche Stelle muss in der Akte des Kindes lediglich vermerken, zu welchem Zeitpunkt welcher Nachweis vorgelegt wurde. Enthält der Nachweis zeitlich begrenzte Einschränkungen, ist das Ablaufdatum zu vermerken, nicht jedoch der Grund der Einschränkung. Sollte die Gültigkeit des ärztlichen Zeugnisses über das Bestehen einer Immunität oder einer Kontraindikation gem. § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 IfSG zeitlich beschränkt sein, müssen die Eltern der Einrichtungsleitung innerhalb von einem Monat nach Ablauf der Gültigkeit ein neues ärztliches Zeugnis oder eine entsprechende Impfdokumentation vorlegen (§ 20 Abs. 9a Satz 1 IfSG). Wird der Nachweis nicht innerhalb eines Monats vorgelegt oder bestehen bei der Einrichtungsleitung Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des Nachweises, hat die Leitung unter Angabe von personenbezogenen Daten des betroffenen Kindes unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen (§ 20 Abs. 9a Satz 2 IfSG).
Wird das Gesundheitsamt tätig, kann es die entsprechenden Nachweise direkt von den Eltern anfordern. In diesem Fall sind die Eltern gem. § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG verpflichtet, dem Gesundheitsamt die angeforderten Nachweise nach Absatz 9 vorzulegen. Bestehen seitens des Gesundheitsamtes Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, so kann das Gesundheitsamt eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen Masern geimpft werden kann. Personen, die über die Echtheit oder inhaltliche Richtigkeit des vorgelegten Nachweises Auskunft geben können (bspw. behandelnde Ärzte), sind verpflichtet, auf Verlangen des Gesundheitsamtes die erforderlichen Auskünfte insbesondere über die dem Nachweis zugrundeliegenden Tatsachen zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und Einsicht in Unterlagen zu gewähren (§ 20 Abs. 12 Satz 2 IfSG).
Die vorgenannten Datenverarbeitungen beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21.07.2022 (Az.: 1 BvR 469/20, 1 BvR 472/20, 1 BvR 471/20 und 1 BvR 470/20) entschieden, dass die Masern-Impfpflicht für Kinder mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die im IfSG genannten Datenverarbeitungsvorgänge sind daher datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden.